Forschende haben erstmals das ambipolare Feld entdeckt und gemessen. Bereits 1968 entwickelten die Geophysiker Peter Banks und Thomas Holzer im Rahmen ihrer Forschung zu Polarwinden eine Theorie über dieses elektrische Kraftfeld um die Erde. Polarwinde bestehen aus Strömen geladener Teilchen, die aus der oberen Atmosphäre in den Weltraum entweichen, vor allem in der Nähe der Pole. Die beiden Forscher hielten es schon damals für wahrscheinlich, dass ein elektrisches Feld, zusammen mit anderen elektrodynamischen Prozessen, die Ursache für dieses Phänomen ist.
Unsichtbares Feld über der Erde
„Irgendetwas muss diese Partikel aus der Atmosphäre gezogen haben“, betonte Glyn Collinson, leitender Forscher der Endurance-Mission am Goddard Space Flight Center der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Collinson war auch Hauptautor der im Fachjournal Nature veröffentlichten Studie, die das ambipolare Feld ein für allemal belegt.
Konkret handelt es sich bei dem nun bestätigten Phänomen um ein schwaches, aber bedeutendes elektrisches Feld in der oberen Atmosphärenschicht der Erde. Es entsteht, wenn ultraviolette Strahlung der Sonne die Atome in der Ionosphäre ionisiert. Dieser Prozess trennt Elektronen von ihren Atomen, wodurch positiv geladene Ionen und frei bewegliche Elektronen entstehen.
Die Endurance-Mission der National Aeronautics and Space Administration (NASA) war speziell darauf ausgelegt, dieses schwer fassbare Feld zu erkennen. Sie zeichnete erfolgreich eine Veränderung des elektrischen Potenzials von 0,55 Volt auf und bestätigte damit die Existenz des ambipolaren Feldes. „Ein halbes Volt ist fast nichts – es ist nur etwa so stark wie eine Uhrenbatterie“, so Collinson. „Aber das ist genau die richtige Menge, um den Polarwind zu erklären.“
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„Jeder Planet mit einer Atmosphäre“
Das ambipolare Feld der Erde übt eine Kraft auf Wasserstoffionen aus, die viel stärker ist als die Schwerkraft, und schleudert sie mit Überschallgeschwindigkeit in den Weltraum. Es hebt auch schwerere Sauerstoffionen an und erhöht die Dichte der Ionosphäre in großen Höhen.
Diese Entdeckung eröffnet neue Möglichkeiten zur Erforschung der Dynamik der Erdatmosphäre und der Entwicklung anderer Planeten mit Atmosphären. Denn: „Jeder Planet mit einer Atmosphäre sollte ein ambipolares Feld haben“, sagte Collinson. „Jetzt, da wir es endlich gemessen haben, können wir lernen, wie es unseren Planeten und andere im Laufe der Zeit geformt hat.“
Quellen: „Earth’s ambipolar electrostatic field and its role in ion escape to space“ (Nature, 2024); NASA
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