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In der Tiefe der Arktis: Forscher entdecken unbekannte Bakterien

2020 machte sich ein norwegisches Forschungsschiff in die Gewässer der Arktis auf und entnahm zahlreiche Proben. Bei deren Analyse sind die Wissenschaftler*innen auf eine Entdeckung gestoßen, die einen medizinischen Fortschritt bedeuten könnte.

Eine Hand im Handschuh hält eine Wasserprobe im Glas. Im Hintergrund ist ein gefrorenes Gewässer zu sehen.
© Olga Kazanovskaia - stock.adobe.com

Sind Viren Lebewesen?

Die Antwort auf die Frage "Sind Viren Lebewesen?" ist nicht einfach.Zwei Merkmale fehlen ihnen, um als lebendig eingeordnet zu werden: Der Stoffwechsel und die selbstständige Vermehrung.

Forscher*innen aus Finnland und Norwegen haben in den Gewässern der Arktis zwei Arten von Bakterien unbekannter Stämme entdeckt. Nun sollen diese weiter untersucht werden. Denn sie könnten für die Medizin einen enormen Fortschritt bedeuten.

Entdeckung in der Arktis könnte globale Krise lösen

So konnten die Forscher*innen Substanzen in den zwei Mikrobenarten aus den Tiefen des Arktis nachweisen, die die Fähigkeit zur Bekämpfung schädlicher Bakterien besitzen. Diese scheinen damit eine vielversprechende Grundlage für neue antibakterielle Medikamente zu sein, welche die derzeitige globale Antibiotikakrise lösen könnte.

Denn Antibiotika sind das Herzstück der modernen Medizin. Ohne sie wären alle mit offenen Wunden oder die sich einer Operation unterziehen müssten, ständig dem Risiko gefährlicher Infektionen ausgesetzt. „Dennoch stehen wir weiterhin vor einer globalen Antibiotikakrise, da sich immer mehr resistente Bakterienstämme entwickeln, während die Entdeckungsrate grundlegend neuer Antibiotika viel langsamer ist“, wie in der offiziellen Pressemittelung des Forschungsteam heißt.

Nun ist den Wissenschaftler*innen in der Arktis jedoch ein wichtiger Schritt bei einer möglichen Lösung des Problems gelungen. „Wir haben eine Verbindung entdeckt, die die Virulenz enteropathogener E.coli (EPEC) hemmt, ohne ihr Wachstum zu beeinträchtigen, und eine wachstumshemmende Verbindung. Beide in Actinobakterien aus dem Arktischen Ozean“, erklärt Dr. Päivi Tammela. Sie ist Professorin an der Universität Helsinki, und korrespondierende Autorin der neuen Studie in Frontiers in Microbiology.

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Fortschritt bei Antibiotika-Entwicklung

Tammela und ihr Team entwickelten eine Reihe neuer Methoden, mit denen die antivirulente und antibakterielle Wirkung von Hunderten unbekannter Verbindungen gleichzeitig getestet werden kann. Dabei nahmen sie einen EPEC-Stamm ins Visier, der vor allem in Entwicklungsländern bei Kindern unter fünf Jahren schwere, manchmal sogar tödliche, Durchfälle verursacht.

Die getesteten Verbindungen stammten aus vier Arten von Actinobakterien, die während einer Expedition des norwegischen Forschungsschiffs „Kronprins Haakon“ im August 2020 im Arktischen Meer vor Spitzbergen entnommen wurden. Diese wurden dann kultiviert und ihre Zellen extrahiert.

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Weitere Forschungen notwendig

Die Forscher*innen fanden dabei zwei unbekannte Verbindungen mit starker Antivirulenz oder antibakterieller Aktivität. Eine aus einem unbekannten Stamm (genannt T091-5) der Gattung Rhodococcus und eine andere aus einem unbekannten Stamm (T160-2) von Kocuria.

Diese hemmten die EPEC-Bakterien daran, sich in der Wirtszelle in der Darmschleimhaut festzusetzen. „Die nächsten Schritte sind die Optimierung der Kulturbedingungen für die Herstellung der Verbindungen und die Isolierung ausreichender Mengen jeder Verbindung, um ihre jeweiligen Strukturen aufzuklären und ihre jeweiligen Bioaktivitäten weiter zu untersuchen“, so Tammela über die neu entdeckten Bakterien in der Arktis.

Quellen: Frontiers, „Bioprospecting of inhibitors of EPEC virulence from metabolites of marine actinobacteria from the Arctic Sea“ (Frontiers in Microbiology, 2024)

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