Archäolog*innen haben im Harz Überreste des als „verschwunden“ geltenden Klosters Himmelpforten freigelegt. Die Untersuchung des archäologischen Fundes ist zwar noch nicht vollständig abgeschlossen, doch bereits die aktuell vorliegenden Ergebnisse ermöglichen aufschlussreiche Erkenntnisse über die Anlage, die einst auch Aufenthaltsort des Reformators Martin Luther gewesen sein soll.
Archäologischer Fund mitten im Harz
„In einem malerischen Tal an den Ausläufern des Harzes bei Wernigerode (Landkreis Harz) erhob sich vom 13. bis zum 16. Jahrhundert das Augustiner-Eremitenkloster Himmelpforte“, heißt es in der offiziellen Pressemitteilung des Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.
Das Kloster wurde 1253 durch das niederadelige Geschlecht von Hartesrode gegründet und war damals es ein wichtiges religiöses, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum der Region. „Nach seiner Aufhebung in der Reformationszeit verschwand es jedoch nahezu vollständig von der Erdoberfläche,“ wie das Landesamt mitteilt. Lediglich erhaltene Klosterteiche sowie wenige Mauerreste zeugten bisher noch von der Existenz der einst so imposanten Anlage.
Trotzdem blieb die Erinnerung an das Kloster über den Lauf vieler Jahrhunderte erhalten. Das liegt vor allem auch daran, dass Martin Luther sich in seiner Funktion als Distriktsvikar der Augustiner-Eremiten wohl 1516 dort aufhielt. Nun wird die Anlage seit einiger Zeit erneut untersucht. Bei den Ausgrabungen wurden dabei schon zahlreiche archäologische Funde zutage gefördert. Darunter ein kleiner Hort von vier Goldmünzen, der 2023 entdeckt wurde.
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Filigrane Handwerkskunst
Bei aktuellen Untersuchungen wurden jetzt neue archäologische Funde freigelegt, die „wesentliche Fragen zur Gestalt und Baugeschichte des verschwundenen Klosters […] klären“, so das Landesamt. So zeigen Überreste, dass sich bei der einst stattliche Kirche von wenigstens 40 Metern Länge um eine dreischiffige Pfeilerbasilika handelt. Diese wurde wohl über die Jahrhunderte mehrfach um- und ausgebaut. Zudem haben die Forscher*innen sehr gut erhaltene Steinplatten- und Ziegelfußböden gefunden, die von qualitätvoller Handwerkskunst zeugen.
Auch andere Artefakte unterstrichen diese Kunstfertigkeit. So berichtet das Landesamt: „Besonders eindrucksvoll sind zwei verzierte Grabplatten des 15. und frühen 16. Jahrhunderts im Fußboden der Kirche, darunter der mit dem Bildnis der Verstorbenen versehene Leichenstein für Claudia von Königstedt aus dem Jahre 1520. Die Adelige wurde in zeitgenössischer Tracht, mit langem geflochtenem Haar und mit Rosenkranz dargestellt. Die kunstvolle Steinmetzarbeit ist kaum abgelaufen und wirkt daher noch ganz frisch.“
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Warmluftheizung aus dem 14. Jahrhundert
Zudem fanden die Archäolog*innen Überreste der Wohn- und Lebensbereiche der Mönche sowie von einem Kreuzgang umgegebenen Paradiesgarten. Im Westflügel wurden zudem Hinweise auf eine Warmluftheizung freigelegt, die wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert stammt. Die Forscher*innen gehen davon aus, dass sich hier alte und kranke Ordensmitglieder in der kalten Jahreszeit aufhalten durften.
Neben diesen architektonischen Strukturen wurden auch zahlreiche weitere archäologische Funde ausgegraben, die Auskunft über das Alltagsleben im Kloster und dessen Ende in der Bauernkriegs- und Reformationszeit geben. Hierzu zählen zahlreiche Fragmente von Ofenkacheln, Buchschließen, Glas- und Keramikscherben, Pilgerzeichen, Münzen, Metallgeschirr, bronzene Schreibgriffel für Wachstafeln sowie Pressblechbeschläge von sakralen Textilien.
Quelle: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt
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