Mitten in der Ostsee liegt die dänische Insel Falster. Normalerweise lockt diese eher Menschen an, die sich nach einem idyllischen Strandurlaub sehnen. Doch Forscher*innen ist dort nun ein bemerkenswerter archäologischer Fund gelungen, der etwa 5.000 Jahre alt sein soll und damit einen erstaunlichen Blick in das Leben der Kulturen in der Steinzeit bietet.
Archäologischer Fund auf Ostsee-Insel
So wurde beim Bau einer Eisenbahnlinie in der Nähe des Dorfes Eskilstrup auf der Insel eine neolithische Stätte freigelegt. Das Außergewöhnliche daran ist jedoch, dass diese über einen mit Steinen gepflasterten Keller verfügte. Ein Team des Museums Lolland-Falster und der Universität Aarhus unter der Leitung von Marie Brinch hat den archäologischen Fund genau untersucht. Die Ergebnisse ihrer Ausgrabung wurden nun in der Zeitschrift Radiocarbon veröffentlicht.
Während des Neolithikums in Dänemark kam es zu erheblichen Veränderungen in der Form und Zusammensetzung von Siedlungsstrukturen. So entstand dort etwa 4.000 vor Christus, eine Kultur , die sich auf Landwirtschaft und eine große Anzahl an Haustieren wie Schafe, Ziegen und Rinder als Grundlage für den Lebensunterhalt stützte. Obwohl diese Entwicklung in der Forschung bisher bekannt ist, sei der gepflasterte Keller aus dieser Zeit in Dänemark bisher „einzigartig“, wie die Forscher*innen in ihrem Artikel schreiben.
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Keine Hinweise auf rituelle Aktivitäten
Die Wissenschaftler*innen haben zahlreiche Analysen des archäologischen Fundes vorgenommen, vor allem auch mit dem Ziel seine Funktionsweise zu bestimmen. So könnte zum Beispiel angenommen werden, dass der Keller gar nicht zum Haus gehörte. Zum Beispiel, wenn es sich bei dem unterirdischen Bauwerk eigentlich um eine Grabkammer handelt und das Haus später erst auf diese errichtet wurde.
Dazu schreiben die Forscher*innen: „Es ähnelt in Teilen dem Grundriss von Kammergräbern oder Dolmen mit einem verlängerten Eingang und einer vertieften Kammer. Während es möglich ist, dass die Inspiration für die Konstruktion vom weit verbreiteten Grabtyp übernommen wurde, kann ausgeschlossen werden, dass die Häuser einfach auf einem (zerstörten oder abgebauten) Megalithgrab errichtet wurden, da keine Überreste davon (z. B. Steine oder Steinnegative/-vertiefungen) beobachtet werden konnten.“
Eben dies macht den archäologischen Fund so besonders. Denn große Steinkonstruktionen sind im Neolithikum kein beispielloses Phänomen, wie Tausende von Megalithgräbern belegen. Doch wurden diese zu rituellen Zwecken errichtet und genutzt. Nicht so aber beim Keller auf Falster, wie die Forscher*innen berichten.
So gäbe es keine Gründe, „den mit Stein gepflasterten Senkboden im Kontext ritueller Aktivitäten zu interpretieren. […] Daher interpretieren wir den mit Stein gepflasterten Senkboden auf eine profanere Weise – als die eines Kellers.“
Funktion noch nicht genau geklärt
Aufgrund der geringen Anzahl an Funden aus dem Keller selbst kann seine Funktion nur vermutet werden. Die Forscher*innen gehen aber davon aus, dass dieser wahrscheinlich zur Lagerung und Kühlung genutzt wurde. „Zumal für das Neolithikum unterschiedliche Ansätze zur Lebensmittelkonservierung nachgewiesen sind“, wie es in der Studie heißt.
Damit gibt der archäologische Fund „einen wichtigen Einblick in die Konstruktionen und Merkmale des neolithischen Dänemarks“, so die Wissenschaftler*innen. Denn die Entdeckung dieses Kellers legt nahe, dass die frühen landwirtschaftlichen Gesellschaften der Region ein weitaus ausgefeilteres Verständnis für die Konservierung von Lebensmitteln hatten als bisher angenommen.
Quelle: „Stone-paved Cellars in the Stone Age? Archeological Evidence for a Neolithical Subteranean Construction from Nygardsvey 3, Falster, Denmark“ (Radiocarbon 2024)
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