Neben Gletschern und Eisschollen, hat die Antarktis auch einige Süßwasser-Seen zu bieten. Einer davon trägt die klangvolle Bezeichnung Lake Enigma, was im Deutschen in etwa „Rätselhafter See“ bedeutet. Dieser scheint seinem Namen nun alle Ehre zu machen. Denn auf dessen Grund ist einem Forschungsteam eine Entdeckung gelungen, mit der wohl die Wenigsten gerechnet hätten.
Antarktis: Forscher*innen entdecken Leben in Lake Enigma
Bisher ist die Wissenschaft davon ausgegangen, dass Lake Enigma „von oben bis unten zugefroren“ ist, wie es in der neuen Studie über den See heißt, die vor Kurzem im Fachjournal Nature veröffentlicht wurde. Diese Annahme scheint dabei nur logisch. Denn die Durchschnittstemperaturen in dieser Region der Antarktis betragen nur -14 Grad Celsius (°C). Im Winter können sie auch schon mal auf über -40 °C fallen.
Der See ist also vermutlich in einer vergangenen Zeit entstanden, als die Temperaturen in der Antarktis noch höher lagen. Da er sich zwischen den beiden Gletschern Amorphous und Boulder Clay befindet, schätzen die Wissenschaftler*innen, dass diese damals möglicherweise die Quelle des Wassers im See waren.
Nun untersuchten die Forscher*innen mithilfe eines Bodenradars Lake Enigma noch einmal ganz genau. Dabei konnten sie feststellen, dass sich tief unter der gefrorenen Oberfläche des Sees immer noch Wasser im flüssigen Zustand befindet. Damit jedoch nicht genug, denn in diesem wimmelt es nur so von Lebewesen.
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Ungewöhnliche Geochemie
Dabei handelt es sich um „einzigartige mikrobielle Gemeinschaften“, wie die Forscher*innen bereits im Titel ihrer Studie schreiben. Um dies herausfinden, bohrten sie durch die Eisschicht und entnahmen Wasserproben. Die Entdeckung stellte für die Wissenschaftler*innen dabei eine wahre Besonderheit dar. So schreiben sie: „Der See weist eine ungewöhnliche Geochemie und mikrobielle Vielfalt auf“, obwohl dieser durch eine permanente Eisdecke von neun bis elf Metern Dicke von der Außenumgebung isoliert ist.
Als „bemerkenswert“ bezeichnen die Forscher*innen dabei vor allem das Vorhandensein und manchmal sogar die Dominanz ultrakleiner Bakterien, die zum Stamm Superphylum Patescibacteria gehören. Solche Bakterien sind sehr einfach: Sie haben kleine Zellen und ein kleines Genom und können nur eine begrenzte Anzahl von Prozessen ausführen.
Laut den Forscher*innen könnten die ultrakleinen Bakterien „im Ökosystem des Sees ungewöhnliche Rollen spielen, die in anderen eisbedeckten antarktischen Seen nicht vorkommen.“ Zudem sollen zwischen den Bakterien im See nicht nur einfache Prozesse beobachtet worden sein, sondern auch „symbiotische und räuberische Lebensstile“. So unterstreicht das Team in der Studie: „Zusammengenommen offenbaren diese Merkmale eine neue Komplexität in den Nahrungsnetzen antarktischer Seen“.
Quelle: „The perennially ice-covered Lake Enigma, Antarctica supports unique microbial communities“ (nature 2024)
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