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Giftiger Schaum an Ost- und Nordsee entdeckt – „es ist ein Skandal“

PFAS sind überall – in Wasser, Luft, Böden und sogar in unseren Körpern. Trotzdem wird zu wenig getan, um diese gefährlichen Chemikalien zu stoppen.

Weißer Schaum am Strand
© Peter Togel - stock.adobe.com [M]

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Greenpeace hat extrem hohe Mengen an Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) im Meeresschaum an deutschen Stränden gefunden. An Orten wie Sylt und Norderney waren die Werte bis zu 3.777-mal höher als der dänische Grenzwert für Badegewässer von 40 Nanogramm pro Liter (ng/L). Zum Vergleich: In Deutschland gilt ab kommendem Jahr ein Grenzwert von 100 ng/L. Trotzdem testen deutsche Behörden den Meeresschaum in Ost- und Nordsee nicht einmal offiziell, geschweige denn, dass sie die Menschen davor warnen.

PFAS in Ost- und Nordsee

PFAS sind Chemikalien, die in wasserdichten Jacken, Antihaftpfannen, Lebensmittelverpackungen und Feuerlöschschaum stecken. Sie sind extrem stabil und bauen sich in der Umwelt kaum ab. Besonders problematisch sind Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroktansäure (PFOA), die als krebserregend gelten und das Immunsystem sowie die Fortpflanzung schädigen können. Sie landen in Flüssen, im Boden, in Tieren – und schließlich auch im menschlichen Körper.

Der Kontakt mit PFAS kann ernsthafte Folgen haben. Die Stoffe stehen der European Environment Agency (EAA) zufolge unter Verdacht, das Risiko für Krebs, Hormonstörungen, Leberschäden und ein geschwächtes Immunsystem zu erhöhen. Besonders gefährdet wären Kinder, weil PFAS ihre Entwicklung beeinträchtigen könnten. Dabei gibt es längst sichere Alternativen. Trotzdem setzen viele Unternehmen weiter auf PFAS, weil sie praktisch und langlebig sind. Umweltorganisationen wie Greenpeace fordern, diese Chemikalien endlich zu verbieten.

„Wir fordern die Bundesregierung auf Menschen und die Umwelt vor Industrieschutz zu stellen und künftig den Einsatz von PFAS ohne Wenn und Aber zu verbieten“, betonte der Greenpeace-Ökotoxikologe Julios Kontchou im Rahmen einer aktuellen Pressemitteilung. Deutschland hinkt bei den Vorschriften hinterher, wie die Messdaten in Ost- und Nordsee deutlich zeigen. Während es in Dänemark und den Niederlanden klare Grenzwerte für PFAS in Badegewässern gibt, fehlt in Deutschland eine solche Regelung bislang komplett.

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„Ursachen finden und entschärfen“

Ab 2026 soll es zumindest einen Grenzwert für PFAS im Trinkwasser geben – 0,1 Mikrogramm pro Liter (µg/L) für die 20 wichtigsten PFAS-Verbindungen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber immer noch weniger streng als in Dänemark. Für industrielle Abwässer gibt es weiterhin keine einheitlichen Vorgaben, sodass PFAS unkontrolliert in die Umwelt gelangen.

„Es ist ein Skandal, dass wir ein Jahrzehnt nach dem Ende der Produktion in Deutschland derart hohe PFOS-Werte messen“, so Kontchou weiter. „Die zuständigen Landesämter in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg müssen schnell die Ursachen finden und entschärfen.“

2023 hatte Deutschland noch mit anderen Ländern eine strenge EU-weite Beschränkung für über 10.000 PFAS vorgeschlagen. Doch ein Jahr später zog sich die Bundesregierung zurück – offenbar auf Druck der Chemieindustrie. Das schwächte die geplanten Schutzmaßnahmen erheblich. So fordern auch die Niederlande, die viel Trinkwasser aus dem Rhein gewinnen, von Deutschland striktere Regeln für Industrieanlagen, um die Wasserqualität zu sichern. Auch dem giftigen Schaum in Ost- und Nordsee könnte man damit den Garaus machen.

Quelle: European Environment Agency; Greenpeace

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