Am 2. Februar 2025 maßen Forschende am Nordpol mitten im Winter eine Temperatur über dem Gefrierpunkt. So etwas war vor wenigen Jahrzehnten noch undenkbar. Doch die Arktis verändert sich rasant. Selbst wenn alle Länder ihre Klimaziele einhalten würden, würde sich die Erde bis 2100 um 2,7 Grad erwärmen. Forschende warnen, dass dies dramatische Folgen für das Eis, die Meere und den Boden haben wird.
Arktis-Studie zeichnet verheerendes Bild
Prof. Dirk Notz von der Universität Hamburg zufolge haben Menschen bereits jetzt die Macht, ganze Landschaften verschwinden zu lassen. Wenn die globale Erwärmung 2,7 Grad erreiche, werde das Nordpolarmeer monatelang eisfrei sein. So eine Situation gab es zuletzt vor 130.000 Jahren.
Das Schmelzen der grönländischen Gletscher wird den Meeresspiegel um 20 Zentimeter ansteigen lassen. Gleichzeitig taut der Permafrost, setzt CO₂ frei und macht den Boden instabil. Straßen, Häuser und ganze Siedlungen sind davon betroffen.
Prof. Dr. Julienne Stroeve vom US-amerikanischen National Snow and Ice Data Center (NSIDC) betonte, die Arktis erwärme sich viermal schneller als der Rest der Welt. „Bei durchschnittlich 2,7 Grad Celsius globaler Erwärmung weltweit werden wir deshalb in dieser Region besonders extreme Auswirkungen haben“, so die Klimaforscherin. Tiere, Pflanzen und Menschen müssen sich anpassen oder verschwinden. Ganze Ökosysteme geraten aus dem Gleichgewicht.
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„Katastrophale Erwärmung“ voraus
Im Rahmen ihrer in der Fachzeitschrift Science veröffentlichten Studie zeigten Notz, Stroeve und ihr Team anhand von Satellitendaten und Klimamodelle, wie sich das arktische Meereis, die Gletscher und der Permafrost seit der vorindustriellen Zeit verändert haben. „Wir haben eine globale Erwärmung von 1,5°C erreicht“, kommentierte Prof. Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institute for Climate Impact Research die Ergebnisse auf X.
„Mit der derzeitigen Politik steuern wir auf eine katastrophale Erwärmung von 2,7 °C zu. Eine neue Übersichtsarbeit in Science zeigt: Dies würde die Arktis ‚bis zur Unkenntlichkeit‘ verändern, mit Folgewirkungen (wie steigenden Meeren) auf der ganzen Welt.“
Prof. Stefan Rahmstorf
Viele Tiere werden nicht mit den neuen Bedingungen klarkommen, so die Prognose. Fische und Plankton, die kaltes, dunkles Wasser brauchen, werden zurückgehen. Eisbären und einige Seevögel könnten in manchen Regionen aussterben. Indigene Gemeinschaften verlieren ihre traditionellen Jagd- und Reisewege, weil das Meereis verschwindet.
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„Nicht einmal das extremste Szenario“
„Wir haben noch nicht einmal das extremste Szenario untersucht“, betonte Notz. „2,7 Grad Erwärmung bekommen wir, wenn alle Staaten ihre vereinbarten Klimaziele erfüllen – was nicht garantiert ist.“ Zur Einordnung: Viele Staaten hinken bei der Erfüllung ihrer Klimaziele hinterher. Während einige Länder wie Deutschland ihre kurzfristigen Ziele erreicht haben, sind die globalen Anstrengungen insgesamt unzureichend, um die Pariser Klimaziele zu erfüllen.
Eine Studie aus dem Jahr 2024 analysierte die Fortschritte von 34 Ländern hinsichtlich ihrer 2009 festgelegten Emissionsreduktionsziele für 2020. Dabei erreichten 15 Länder ihre Ziele vollständig, während zwölf Staaten diese verfehlten und sieben nur teilweise erfolgreich waren. Dennoch zeigt der Klimaschutz-Index, dass kein Land bislang ausreichende Maßnahmen ergriffen hat, um die Pariser Klimaziele zu erfüllen. Selbst Vorreiterstaaten hinken bei der systemischen Umstellung des Energiesystems auf eine vollständige Dekarbonisierung hinterher.
„Wir verändern den Planeten radikal und sollten uns unserer Macht und Verantwortung deutlich bewusst sein“, mahnt Notz entschieden. Der steigende Meeresspiegel wird Küstenregionen auf der ganzen Welt bedrohen. Überschwemmungen, Küstenerosion und Salzwasser in Trinkwasserreservoirs werden häufiger. Die Arktis sei dem Klimaforscher zufolge nur ein Beispiel, „tatsächlich liegt die Zukunft des gesamten Planeten in unseren Händen“.
Quellen: Universität Hamburg; „Disappearing landscapes: The Arctic at +2.7°C global warming“ (Science, 2025); X/@rahmstorf; „Revisiting Copenhagen climate mitigation targets“ (Nature Climate Change, 2024); Bertelsmann Stiftung
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