Der Japangraben östlich der Insel Honshu reicht fast 8.000 Meter (m) in die Tiefe. Lange dachten Forschende, dass dort unten kaum Leben existiert, weil der Druck enorm ist, die Temperaturen nahe am Gefrierpunkt liegen und es nur wenige Nährstoffe gibt. Neue Studien zeigen aber das Gegenteil: Die Tiefsee ist voller Leben, und viele Lebewesen haben erstaunliche Wege gefunden, um in der völligen Dunkelheit zu überleben.
Verborgene Ebenen der Tiefsee
Früher nahm man an, dass die Hadalzone, die zwischen 6.000 und 11.000 m liegt, viel weniger Leben beherbergt als die flacheren Abyssalebenen. Neue Forschungsergebnisse widerlegen diese Annahme. Tatsächlich sind die tiefsten Regionen des Ozeans lebendiger und vielfältiger als der umliegende Meeresboden. Das stellt unser bisheriges Verständnis über das Leben in extremen Tiefen auf den Kopf.
Bei der Hadalzone handele es sich um „eines der am wenigsten verstandenen Ökosysteme der Erde“, betonte das Team um Jussi Hovikoski vom Geologischen Dienst Finnland (Geologian tutkimuskeskus, GTK) im Rahmen der Studie. Sie erschien Mitte Februar im Fachjournal Nature Communications.
Während die Abyssalebenen meist von dicken Schlammschichten bedeckt sind, sieht es im Japangraben ganz anders aus. Die Forschenden fanden dort zahlreiche Tunnel und Höhlen, die von grabenden Lebewesen geschaffen wurden. Diese komplexen Gänge zeigen, dass hier überraschend viele Organismen unterwegs sind. Entdeckt wurden sie durch hochauflösende Röntgenscans von Sedimentproben aus fast 8.000 m Tiefe.
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Dynamische Lebensräume dank Unterwasserströmungen
Eine große Frage war, woher die Lebewesen in dieser extremen Tiefe überhaupt ihre Nahrung bekommen. Die Antwort liegt in Trübungsströmen – Unterwasserströmungen, die feine Schwebeteilchen mit sich führen. Diese Ströme transportieren Sauerstoff und Nährstoffe aus höheren Wasserschichten bis in den Graben. So kommt regelmäßig frisches Material am Boden der Tiefsee an und ermöglicht das Leben in der Dunkelheit.
Neue Sedimentschichten können die Tiere zunächst ersticken, doch sie bringen auch frische Nährstoffe mit sich. Forschende vergleichen diesen Prozess mit einem Waldbrand: Erst wird das bestehende Leben zerstört, doch dann entsteht eine neue, nährstoffreiche Umgebung, die viele Tiere anzieht. Zuerst nutzen opportunistische Arten die frischen Ressourcen, später übernehmen Mikroben, die unter extremen Bedingungen überleben können. Diese wiederum dienen anderen Lebewesen als Nahrung – und so beginnt der Kreislauf von vorn.
Einige der Tunnel bleiben über lange Zeit erhalten, weil Mikroben das Mineral Pyrit bilden. Pyrit macht die Gänge stabiler und sorgt dafür, dass sie nicht so schnell einstürzen. Wer genau diese Tunnel gräbt, ist noch nicht klar, aber Forschende vermuten, dass es Tiefseewürmer und Seegurken sind. Die neuen Erkenntnisse zeigen, dass Gräben in der Tiefsee keine leeren Wüsten sind, sondern überraschend dynamische Lebensräume mit einzigartigen Überlebensstrategien.
Quelle: „Bioturbation in the hadal zone“ (Nature Communications, 2025)
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