Ein bahnbrechender Fortschritt in der Batterieforschung könnte in naher Zukunft zu einer erheblichen Verkürzung der Ladezeiten von Elektroautos führen – auch unter extrem kalten Bedingungen. Ein Forschungsteam der University of Michigan hat eine neuartige Konfiguration für Lithium-Ionen-Batterien konzipiert, die ultraschnelle Ladeprozesse bei Temperaturen von bis zu minus zehn Grad Celsius ermöglicht, ohne die sonst üblichen Beschädigungen durch Lithium-Ablagerungen zu verursachen.
Elektroautos haben 3 Probleme
Bisher hatten Lithium-Ionen-Batterien mit gleich drei Herausforderungen zu kämpfen: Schnellladen, niedrige Temperaturen und dicke Elektroden. Diese Kombination führt zu hohem Widerstand an der Grenzfläche, ungleichmäßigem Lithiumfluss und letztlich zur Bildung von metallischem Lithium – was die Leistung reduziert und die Batterie altern lässt.
Bei Kälte verlangsamt sich die Bewegung der Lithium-Ionen. Wird gleichzeitig schnell geladen, können sich Ionen an der Oberfläche ablagern. Bei dicken Elektroden, die eigentlich für eine höhere Energiedichte sorgen sollen, kommt es zusätzlich zu Konzentrationsunterschieden im Inneren, was den Transport weiter erschwert.
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Zwei Innovationen, eine Lösung
Das Team hat für Elektroautos zwei zentrale technologische Ansätze kombiniert:
- 3D-strukturierte Elektroden durch Laserbearbeitung (HOLE): Durch kleine, gezielte Kanäle in der Elektrode wird der Ionentransport verbessert. Lithium-Ionen können sich gleichmäßiger verteilen, wodurch Widerstände sinken und gefährliche Ablagerungen vermieden werden.
- Künstliche Grenzschicht (LBCO) per Atomlagenabscheidung (ALD): Eine nur wenige Nanometer dünne Schicht aus Lithiumborat-Karbonat (Li₃BO₃-Li₂CO₃) stabilisiert die Grenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolyt. Diese sogenannte Solid Electrolyte Interphase (SEI) sorgt für eine deutlich bessere Leitfähigkeit – auch bei Kälte.
In Kombination entsteht daraus die sogenannte LBCO-HOLE-Struktur, die schnelles Laden mit bis zu 6C (das Sechsfache der normalen Ladegeschwindigkeit) selbst bei Temperaturen von minus zehn Grad Celsius ermöglicht – und das bei dickeren Elektroden mit mehr als drei Milliamperestunden pro Quadratzentimeter (mAh/cm²).
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Beeindruckende Testergebnisse
In Tests mit Graphit- und Nickel-Mangan-Kobalt-Kathoden (NMC) zeigte sich eine Steigerung der entnehmbaren Kapazität um mehr als 500 Prozent unter den genannten Extrembedingungen. Noch bemerkenswerter: Die Batterien hielten über 97 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität selbst nach 100 Schnellladezyklen – und das ganz ohne Lithium-Plating.
Zusätzlich nutzten die Forschenden eine Drei-Elektroden-Messmethode, um genau zu analysieren, welche Rolle Transport und Grenzflächenwiderstand jeweils spielen. So lassen sich Ladeprotokolle künftig noch besser auf verschiedene Einsatzbedingungen abstimmen.
Gerade für Elektroauto-Nutzer*innen in kalten Regionen ist das ein echter Fortschritt. Die Ladezeiten lassen sich deutlich verkürzen, ohne dass eine aufwendige Batterievorwärmung nötig ist – das spart Zeit, Energie und macht E-Mobilität im Alltag komfortabler. Der Ansatz könnte auch in Situationen überzeugen, in denen keine ausgeklügelte Temperaturregelung möglich ist – etwa bei mobilen Ladesystemen oder in abgelegenen Gegenden.
Quelle: „Enabling 6C fast charging of Li-ion batteries at sub-zero temperatures via interface engineering and 3D architectures“ (Joule, 2025)
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