Im Herbst 2019 startete die internationale Polarexpedition MOSAiC. Dabei driftete das deutsche Forschungsschiff POLARSTERN ein Jahr lang eingefroren im Meereis der Arktis. Bis heute untersuchen Forscher*innen die dabei gewonnenen Daten. Nun ist ihnen diesbezüglich eine bisher einzigartige Entdeckung gelungen.
Transport von Sibirien bis in die Arktis
Diese betrifft den sogenannten Transpolardrift. Die Meeresströmung ist essenziell für das Leben der Arktis. Denn sie transportiert Süßwasser und unter anderem auch wichtige Nährstoffe in das Wasser des Polargebietes. Darüber hinaus hat die Strömung Auswirkungen auf die globale Ozeanzirkulation.
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Bristol hat „bisher unbekannte Einblicke in die Transportwege geliefert, über die beispielsweise Nähr- oder Schadstoffe aus sibirischen Flüssen in die Arktis gelangen“, wie es in einer offiziellen Mitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel heißt. Diese war ebenfalls an der Erforschung des Transpolardrifts beteiligt.
Ihre Ergebnisse haben sie am 14. April im Fachmagazin nature communications veröffentlicht. Sie sind von entscheidender Bedeutung, denn die arktische Meeresströmung verteilt nicht nur natürliche Stoffe im Ozean, sondern auch anthropogene Schadstoffe wie Mikroplastik oder Schwermetalle.
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Ausbreitung von Schadstoffen
Die Studie weckt dabei „neue Besorgnis über die zunehmende Ausbreitung von Schadstoffen und deren mögliche Folgen für die empfindlichen Ökosysteme der Arktis angesichts des fortschreitenden Klimawandels“. Um die komplexen Transportwege überhaupt erst zu entschlüsseln, hat das Forschungsteam Proben aus Meerwasser, Meereis und Schnee gesammelt und genau analysiert.
So wurden ein geochemischer „Fingerabdruck“ der Arktis und ihrer Umgebung erstellt. Das ermöglichte es den Forschenden, die Herkunft der in den Flüssen transportierten Stoffe zurückzuverfolgen: Zudem konnten so auch deren Entwicklung im Laufe eines Jahres im zentralen Arktischen Ozean rekonstruiert werden.
„Die Ergebnisse stellen eine bislang einzigartige Ganzjahresbeobachtung dar. Zuvor hatten wir nur Sommerdaten, da Expeditionen ins Wintereis zu aufwendig und zu zeitintensiv waren. Diese kontinuierlichen, interdisziplinären Daten aus der Arktis liefern entscheidende Erkenntnisse, die unser Verständnis des hochkomplexen Ozeansystems und seiner zukünftigen Entwicklung erheblich erweitern“, erklärt Dr. Dorothea Bauch von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
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Meereis spielt eine wichtige Rolle
Vor allem in Bezug auf den voranschreitenden Klimawandel sind solche Erkenntnisse von enormer Bedeutung. Denn das sommerliche Meereis zieht sich aufgrund steigender Temperaturen immer weiter zurück. Das hat auch Auswirkungen auf die Zirkulations- und Driftmuster der wichtigen Meeresströmung.
„Diese Veränderungen könnten die Verteilung von Süßwasser und Flussmaterial in der Arktis grundlegend beeinflussen – mit weitreichenden Folgen für Ökosysteme, biogeochemische Kreisläufe und die Dynamik der Ozeane“, so Prof. Dr. Benjamin Rabe vom Alfred-Wegener-Institut.
Denn die neue Studie enthüllt auch die aktive Rolle des Meereises in diesem Prozess, die bisher häufig unterschätzt wurde. Dieses bildet sich entlang des Transpolardrifts und ist dabei wichtig für die Stoffumverteilung. Denn dieses Meereis nimmt während seines Wachstums Material aus mehreren Flüssen auf und bildet so komplexe Stoffmischungen, die über weite Strecken transportiert werden. Deren Abschmelzen führt zusammen mit anderen Faktoren zu einer raschen und weiträumigen Umverteilung sowohl von natürlichen Stoffen als auch von schädlichen Substanzen.
Quellen: „Dynamic ice–ocean pathways along the Transpolar Drift amplify the dispersal of Siberian matter“ (nature communications, 2025), Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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